Je länger man auf dieser Welt sein Unwesen treibt, desto mehr Spuren hinterlässt man. Einige von uns erleben deutlich mehr als andere, doch alle sammeln wir Momente, die irgendwann zu Erinnerungen gedeihen. Meist ist einem nicht bewusst, dass die gerade erlebte Sekunde auch noch in zwanzig Jahren präsent sein wird, in ganz seltenen Fällen jedoch spürt man es schon augenblicklich, dass gerade etwas besonderes passiert ist. Erstaunlicherweise sind es nicht die großen Dinge die von Bedeutung sind, sondern ganz einfache Worte oder Gesten. Es mag schon sein, dass die Erinnerung die Sicht auf die Dinge verklärt und man sie sich ein wenig schöner, romantischer und wertvoller im Gedächtnis behält als sie vielleicht war. Andererseits ist es womöglich auch nur ein Filter, der alle negativen und unnötigen Assoziationen aussiebt und das wesentliche und schöne des Moments übrig lässt. Wie sonst könnte es sein, dass ein einfaches: “JA! Da musst du mich nicht 2x fragen.” ein “Er braucht vielleicht noch ein bissl aber ich weiß aus dem wird nochmal was”, ein simples Heißgetränk an einem schneebedeckten Tag oder die Erinnerung an eine Autofahrt um weit nach Mitternacht, die einem nie mehr aus dem Kopf gehen wird, derart im Gedächtnis bleiben. Es sind Augenblicke, die einem ein zartes Lächeln auf die Lippen zaubern oder zumindest ein wohliges Gefühl verleihen. Vielleicht ist es sogar mehr als das. Auch wenn diese Wortfragmente und Szenen für andere unbedeutend erscheinen, sind es für einen selbst essenzielle Ereignisse, die einem zu dem geformt haben, der man heute ist.

Das Leben ist wundervoll. Es gibt Augenblicke, da möchte man sterben. Aber dann geschieht etwas, und man glaubt, man sei im Himmel.

Édith Piaf

Ich schätze diese Momente außerordentlich, da sie Teil von mir sind, mich an Personen erinnern die mir ungemein am Herzen liegen und ich die absolute Gewissheit habe, dass ich auch in 40 oder 50 Jahren noch daran denke und sie mir das exakt gleiche, schöne Gefühl verleihen, wie heute. Ich möchte nicht zu pathetisch klingen aber vielleicht sind diese Momente genau jene, für die man lebt, denn warum sollten sie sich sonst derart in unser Herz und unser Gedächtnis legen. So wünsche ich jedem der auf diesem Planeten wandert, noch viele dieser einzigartigen Augenblicke.

Es mag schon sein, dass die Erinnerung die Sicht auf die Dinge verklärt – aber das ist völlig in Ordnung.

Jürgen Koller

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